Arnold Fanck 
 
Arnold Fanck
Literatur
Links

 

Biographie
Fancks Biographie ist nicht untypisch für weite Teile der deutschen Bevölkerung. Im Vordergrund stehen Krisenerfahrungen, wie Krieg, Inflation mit ihrer Zerstörung der ökonomischen Grundlagen, eine Sozialisation, die von rigiden und asketischen Erziehungsidealen geprägt ist und damit verbunden die Entdeckung von Natur als Fluchtraum. Wichtig erscheint mir hieran auch gerade die Verzahnung von strenger Erziehung zur Härte und unmittelbarer Naturerfahrung. 
Ungleich stärker als renommierte Regisseure war er an die Verwertungsnotwendigkeit, an den Warencharakter dieser Kunstform, angebunden, was sich auch in zahlreichen Eingriffen, Demütigungen und Ablehnungen niederschlug. Als Reaktion hierauf sind seine zahlreichen Publikationen zu verstehen, die zunehmend dazu dienten, eine gesellschaftliche Anerkennung für seine Arbeit zu bekommen. Aber auch diese konnte er letztlich nur in ökonomischen Kategorien denken.[1]
[1] Vor allem habe ich durch diese meine Ski-Bergfilme ungezählten Millionen ernsthafter Menschen ein erhebendes und beglückendes und wirklich wertvolles Naturerlebnis geschenkt. ... Auch brachten diese Filme übrigens etliche Millionen an Devisen für unsere deutsche Wirtschaft herein."Die hier anklingende Achtung der Interessen des Publikums ist mehr als zweifelhaft. An anderer Stelle teilt er die Verachtung des kulturpolitischen Konservatismus für das Publikum (vgl. Fußnote 30). Zitiert aus einem Brief von Arnold Fanck an Klaus Kreimeier anläßlich der Veranstaltung: Fanck - Trenker - Riefenstahl der STIFTUNG DEUTSCHE KINEMATHEK, Berlin. Arnold Fanck wurde 1889 in Frankenthal (Rheinpfalz) als Sohn eines Zuckerfabrikanten geboren. Aufgrund zahlreicher Krankheiten, wie der Tuberkulose und einem psychosomatischen Asthma, wurde er in das Internat Fridericianum nach Davos geschickt. Die schlagartige Verbesserung seiner Gesundheit ging einher mit einem starken Nachholbedürfnis an Erlebnissen in der Natur. "Sport und Bewegung in der Natur, das war das Wichtigste."  Die strenge und rigide Erziehung dort zielte auf "Abhärtung": 
"Die Parole war: Abhärtung! Und wie habe ich ihn [den Rektor, Anm.J.K.] später ob dieser harten Erziehung gesegnet! So mußten wir in den fünf Wintermonaten täglich bei jeder Kälte aufs Eis. Und wie oft hat es in Davos 20 und 25 Grad unter Null! Selbst ein Mantel war beim Schlittschuhlaufen verboten."[2]
[2] Arnold Fanck, Er führte Regie mit Gletschern, Stürmen und Lawinen (München 1973), S. 10.
 

[3] Fanck verdeutlicht dies in einer für ihn typischen Metaphorik: "Der Sturm war vorbeigebraust - ich stand ratlos vor der Zukunft. Mit meiner Geologie hätte ich verhungern können. ... Mein ererbtes Vermögen war schon sehr zusammengeschmolzen durch die stark einsetzende Inflation." Ebd., S. 109.

14-jährig zog er 1903 wieder in "die kleine verrußte Fabrikstadt Frankenthal"(11). 1906 schloß er dort die Mittlere Reife ab. Nach dem Tod des Vaters zog die Familie nach Freiburg (Breisgau), wo er 1909 sein Abitur machte. In dieser Zeit unternahm er viele Ausflüge in die Umgebung, lernte in den Alpen Klettern und brachte sich die Grundkenntnisse der Photographie bei. Nach dem Abitur immatrikulierte er sich kurz in den Universitäten München und Berlin und besuchte Vorlesungen in Philosophie. Ab 1910 studierte er für 4 Jahre in Zürich; zunächst 2 Semester Chemie, anschließend Geologie. Den ersten Kontakt zum Film bekam er 1913 während einer Besteigung des Monte Rosa. Der freiwillige Eintritt in die Armee 1914 war nach den bald wieder einsetzenden Asthma-Anfällen rasch beendet. 1915 promovierte er in Zürich über die "bruchlose Deformation von Fossilien durch tektonischen Druck und ihr Einfluß auf die Bestimmung der Arten". Danach kehrte er zur Armee in die Spionageabteilung zurück und war dort mit photographischen und photomechanischen Arbeiten beschäftigt. Nach Kriegsende arbeitete er als Teppichhändler, da er aufgrund der Inflation und der verbreiteten Akademikerarbeitslosigkeit keine Perspektive besaß.[3]
[4] Liste der FilmeIm Frühjahr 1920 gründete er zusammen mit dem Physiker und Skifahrer Dr. Tauern die Berg- und Sportfilm GmbH Freiburg. Mit dieser realisierte er seine Berg- und Skifilme (DAS WUNDER DES SCHNEESCHUHS. TEIL I und, wiederum von der Inflation bedroht, TEIL II[1919/29; 1921/22], IM KAMPF MIT DEM BERGE[1921], DER BERG DES SCHICKSALS[1923/24] und DAS WOLKENPHÄNOMEN IN MALOJA[1924]) sowie eine Reihe von "Kulturfilmen" als Produzent.[4]
[5] "Erst als ich dann wieder nach Berlin kam und jetzt immerhin einiges vorführen konnte, war die Ufa bereit, jetzt die hohen Kosten für die Atelieraufnahmen zu übernehmen. Sie einigte sich nun auch mit unserer BSF, die völlig am Ende war, daß sie unsere ganze Freiburger Firma einfach aufkaufte. Womit der Film natürlich auch in ihr alleiniges Eigentum überging." Arnold Fanck, Er führte Regie ... S. 160.1925 war er gezwungen, die Berg- und Sportfilm GmbH an die Ufa zu verkaufen, um die Dreharbeiten für den Film DER HEILIGE BERG[1925/26] abschließen zu können. [5]
[6] Aber auch hier übte die Ufa als Verleiherin massiv Einfluß aus (vgl. ebd., S. 173/193). In der Folgezeit finanzierte die Ufa, bis auf DAS WEISSE STADION[1928] (Olympia-Film AG) [6] die weiteren Filme von Arnold Fanck: MILAK, DER GRÖNLANDJÄGER[1926/27], DER GROSSE SPRUNG[1927], DOLOMITISCHE MAJESTÄTEN[1928]).
7Vgl. S. 315ff. Fanck trat aber im April 1940 in die NSDAP ein. Vgl. das Schreiben des Bevollmächtigten der Bundesregierung vom 6.10.82. Dieser Hinweis findet sich in: Gunther Haarstark, Dramatische Berge. Der Filmregisseur Dr. Arnold Fanck, Frankfurt/M., Magisterarbeit, 1990.DIE WEISSE HÖLLE VON PIZ PALÜ[1928/35] war zusammen mit G.W. Pabst entstanden, der für die Schauspielerführung und die Innenaufnahmen veratwortlich war. Er wurde Fanck zufolge aufgrund einer zufälligen Bekanntschaft von Henry R. Sokal produziert, der auch für die "Aafa" die Produktionsleitung von STÜRME ÜBER DEM MONTBLANC[1930] übernahm und für den Film DER WEISSE RAUSCH[1930/31] wieder als Produzent auftrat. Für seinen nächsten Film SOS EISBERG[1932/33], der erstmalig auf den Eisbergen Grönlands angesiedelt war, übernahm die Universal die Produktion und brachte auch eine amerikanische Fassung heraus. 1933 wurde Arnold Fanck, laut seinen Memoiren, von Josef Goebbels auf eine Zusammenarbeit hin angesprochen. Fancks Darstellung zufolge lehnte er aber wegen des damit verbundenen Parteieintritts ab.[7]
8 Die juristische Grundlage hierfür war die Gründung der Reichsfilmkammer (1933), die filmschaffenden "Juden und Ausländern" den Beitritt verweigerte. Fanck beschreibt seine Rolle als (unbewußt) kosmopolitisch handelnder Mensch in einem Gespräch mit Goebbels. Dieser kritisierte in Fancks Film DER EWIGE TRAUM den französischen Helden und den französischen Berg als Thema: "»Da hätten Sie ja einen deutschen Berg nehmen können.« Ich: »Herr Minister, ich habe alle meine Bergfilme auf viertausend Meter Höhe und darüber gedreht - da kann ich ja nicht plötzlich einen Hochgebirgsfilm auf der Zugspitze drehen.«"Arnold Fanck, Er führte Regie ..., S. 322. Die Produktion des nächsten Films DER EWIGE TRAUM/DER KÖNIG VOM MONT-BLANC[1934] übernimmt die Cine-Allianz mit Gregor Rabinowitsch, der wie Henry R. Sokal ein jüdischer Produzent ist. Aufgrund des Einspruchs der Ufa, die hier noch als Verleih auftrat, kam es zu Verzögerungen und Behinderungen, sowie zu Einflußnahmen auf die Besetzung. Die Cine-Allianz mußte nun ihre Produktion etc. an die Ufa übergeben, welche aufgrund von Meinungsverschiedenheiten von Fanck und Goebbels den Film nicht förderte. [8]
Die Folgezeit war, laut Fanck, bestimmt durch offene Angriffe von seiten des Propagandaministeriums. Fanck erlebte so eine zweite ökonomische Deklassierung in den nächsten Jahren als Preis für eine persönliche Integrität. Erst durch einen Auftrag des japanischen Kulturministeriums entstand wieder eine Chance für weitere Filmproduktionen. DIE TOCHTER DES SAMURAI wurde 1936 fertiggestellt, daneben eine Reihe von "Kulturfilmen". Schließlich inszenierte Fanck noch mit EIN ROBINSON[1938/39] einen eindeutigen Propagandafilm für die Bavaria Filmkunst.  Danach arbeitete er in der Berliner Generalbauinspektion, um dort Neubaumodelle zu verfilmen. Er realisierte noch mehrere Kurzfilme für verschiedene Produzenten, wie JOSEPH THORAK - WERKSTATT UND WERK[1943], ARNO BREKER[1944] und ATLANTIK-WALL[1944].
Nach Kriegsende wurden zunächst zwei Filme von Arnold Fanck von den alliierten Militärregierungen verboten: DIE TOCHTER DES SAMURAI und EIN ROBINSON. Arnold Fanck fand in der Folgezeit keine Aufträge mehr, auch nicht über die Neugründung der Freiburger Berg- und Sportfilm GmbH. Er verarmte und arbeitete als Waldarbeiter in Freiburg. Alle Versuche, wie z.B. auch die Konzeption einer Kurzfilmreihe KENNST DU DEINE HEIMAT scheiterten.  Mit der Vorführung des Films DER EWIGE TRAUM auf dem Bergfilmfestival in Trient (1957) begann eine Phase der (begrenzten) künstlerischen Anerkennung. Ökonomisch überlebte Fanck schließlich durch den Verkauf der Rechte seiner Filme an einen Freund. Durch Fernsehaufführungen verbesserte sich schließlich auch seine finanzielle Situation. Er starb am 28.9.1974 in Freiburg/Breisgau.
jk