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Ernst Lubitsch Ernst
Lubitsch wird am 29. Januar 1892 in Berlin geboren. Seine Eltern, der Schneidermeister
Simcha (hebr. Freude) Lubitsch und Anna Lubitsch geb. Lindenstädt, sind beide
jüdischen Glaubens. 1899-1902 besuchte Ernst in Berlin die Vorschule und
wechselte sodann zum Sophiengymnasium. Dort entwickelt er in diversen Schulaufführungen
schon ein gewisses schauspielerisches Talent. Nach erfolgreichem Schulabschluß
beginnt Lubitsch, der in seinem filmischen Werk ein großes Gespür für
die Inszenierung von Kleidung und stilvoller Mode beweist, eine Lehre im Stoffgeschäft
Hoffmann & Co. Bald wechselt er von der Kundenbetreuung in die Buchhaltung.
Anschließend ist er im Geschäft seines Vaters tätig.
1911
nimmt sein Leben durch die Bekanntschaft mit dem Schaupieler Viktor Arnold
- die viele Jahre Bestand halten sollte - eine entscheidende Wende. Arnold
stellt den begabten Schauspielschüler Ernst Lubitsch dem Intendanten
des Deutschen Schauspielhauses, Max
Reinhardt vor, der ihm in der Folge die ersten Auftritte in Kabaretts
und Kleinkunstbühnen verschafft. Lubitsch ist Statist und Kleindarsteller
in 13 Inszinierungen, ist Zweitbesetzung und spielt in Premieren.
1913
kommt er erstmals mit dem Film in Kontakt. Die Deutsche Bioscop GmbH nimmt
ihn kurzzeitig als Schauspieler unter Vertrag. In den folgenden vier Kriegsjahren
spielt er regelmäßig unter Max
Reinhardt und anderen Regisseuren, u.a. (vermutlich) in Die ideale
Gattin. 1914 hat er seinen ersten Erfolg als Komiker in Carl
Wilhelms PAGU-Produktion Die Firma heiratet. Er verkörpert
den aus dem jüdischen Milieu stammenden Kommis Moritz Abramowsky.
Für die PAGU arbeitet Lubitsch in den folgenden Jahren regelmäßig.
Die Anfänge seines Spiels sind geprägt von Direktheit und Spontanität,
ohne die „präzisen Konturen in der Gestik und das Gefühl für
die Choreographie einer Figur". Er kreiert seinen eigenen Rollentypus:
den gewitzt-vorlauten Lehrling, der sich mit Frechheit und Schlitzohrigkeit
durchsetzt und so den Aufstieg schafft. "Der Stolz der Firma" (1914, R.:
Carl Wilhelm) macht Lubitsch
zum Starkomiker.
Lubitsch
möchte jedoch mit seinem Komiker-Image brechen und auch ernste Rollen
spielen. Da dies nicht gelingt, beginnt er als Autor seine eigenen Rollen
zu entwerfen und – wie in "Fräulein Seifenschaum" - Regie zu führen.
1914/15 gründet er mit Ernst Matray die Firma Malu – Film, 1915 bis
1917 entsteht für die PAGU die Lubitsch-Serie, darunter in eigener
Regie "Schuhpalast Pinkus"
(1916), in dem Lubitsch wiederum einen komischen Lehrling verkörpert.
Erich Schönfelder und
Hanns Kräly als Autoren, Theodor Sparkuhl als Kameramann, Kurt
Richter als Ausstatter und die Schaupieler(innen) Ossi Oswalda, Harry
Liedtke, Victor Janson und
Margarete Kupfer sind in den nächsten Jahren seine festen Mitarbeiter
und Partner.
1918
dreht Lubitsch seinen ersten dramatischen Großfilm "Die
Augen der Mumie Ma", , mit Pola
Negri und Emil Jannings
in den Hauptrollen. Nach den Ein- bis Dreiaktern werden nun wirkliche
Innovationen in der Regiekunst deutlich - das Timing der Einstellungen,
das Exponieren der Dekors, die Choreogragphie der Figuren. Lubitsch inszeniert
danach die Ausstattungs- und Historienfilme "Carmen"
(1918), "Madame Dubarry"
(1919), "Anna Boleyn"
(1920) und "Das Weib des Pharao" (1921). Zu diesen üppigen Kostümfilmen,
bei denen sich Lubitsch in Massen-Regie übte, äußert er
sich später:
„Ich
versuchte, meine Filme zu ent-opern und meine historischen Gestalten zu
vermenschlichen - die intimen Bewegungen nahm ich ebenso wichtig wie die
Massenbewegungen und versuchte, beide zu mischen." (Lubitsch a.a.O.,
S.107) Durch den großen Erfolg der "Madame
Dubarry" steht ihm der amerikanische Markt offen. Für das deutsche
Kino der Inflationszeit lassen sich hohe Exportgewinne erwirtschaften.
Die Ernst-Lubitsch GmbH kooperiert nun mit der E.F.A. (Europäischen
Film-Allianz). Neben Ausstattungsfilmen dreht Lubitsch in diesen Jahren
die Lustspiele "Die
Austernprinzessin" und "Die
Puppe" (1919, beide mit Ossi Oswalda) und "Kohlhiesels
Töchter" (1920, mit Henny Porten in der Doppelrolle der ungleichen
Zwillinge). Als Kammerspiele entstehen "Rausch" (1919) mit Asta Nielsen
und - als letzter deutscher Film "Die
Flamme" (1922) mit Pola Negri.
Die spärlich eingesetzten Zwischentitel Hanns Krälys sind pointiert-witzig
und ironisieren häufig die Bilder. Am 23.8.1922 heiratet Ernst Lubitsch
die Schauspielerin Irni (Helene) Kraus, von der er sich 1930 wieder scheiden
läßt.
Im
Dezember 1922 wird Lubitsch von der Schauspielerin Mary Pickford für
die Inszenierung eines Films nach Hollywood geholt. Trotz einiger konzeptioneller
und persönlicher Schwierigkeiten zu Beginn sollte er nie wieder in
Deutschland arbeiten. Lubitsch Vertrag mit Pickford wird gelöst,
doch wenig später erhält er einen Vierjahres-Vertrag mit Warner
Bros. Die großen Erfolge dieser Zeit sind die Geselllschaftskomödien
"The Marriage Circle" (1923/24), "Lady Windermere's Fan" (1925) und "The
Patriot" (1928, mit Emil Jannings).
Lubitsch
erobert mit diesen „sex comedies" , wie die Amerikaner sie nennen, schnell das
amerikanische Publikum. Schon bald zählt er zu den gefragtesten Regisseuren.
1926 löst er den Vertrag mit Warner Bros und insziniert 1927 für MGM
"The Student Prince in Old Heidelberg". 1928 beginnt er seine Zusammenarbeit mit
der Paramount. 1928/29 dreht er seinen letzten Stummfilm "Eternal Love", ein Berg-Melodram.
Lubitschs
erste Tonfilme sind Film-Operetten, die ihre Ursprünge in der deutschen Theatertradition
haben. Unerschrocken experimentiert er mit den unterschiedlichsten Möglichkeiten
der neuen Technik, der Koordination von Musik, Dialog und Geräusch. Mit "The
Love Parade" (1929), "Monte Carlo" (1930), "Smiling Lieutenant" (1931) und "Trouble
in Paradise" (1932), einem Klassiker der Filmkomödie, zwigt sich Lubitsch
innovationsfreudig sowohl in der fließenden Kameraführung, als auch
in der Schnittttechnik, indem er parallele Handlungen mit einander verbindet.
Er ist der Auffassung, „das Technische im Film gar nicht hoch genug entwickelt
sein kann, denn um das Künstlerische in Film auszudrücken, braucht man
vollendeste Technik" (Lubitsch a.a.O., S. 91). 1932-38
dreht er für die Paramount vier klassische Komödien, dazwischen für
MGM "The merry Widow" (1934). Am 28. Januar 1935 entzieht das NS-Regime ihm die
deutsche Staatsbürgerschaft. Im Februar 1935 wird Lubitsch für ein Jahr
Produktionschef der Paramount. Er heiratet zum zweitenmal, Sania Bezencent, die
sich als Künstleragentin Vivian Gaye nennt (1943 wird auch diese Ehe geschieden).
1936
wird er Leiter einer eigenen Produktionsgruppe. In der folgenden Zeit entstehen
die Filme "Angel" (1937, mit Marlene Dietrich), "Bluebeard's eighth wife"
(1937/38, mit Claudette Colbert), die Polit-Satire "Ninotchka" (1939, mit Greta
Garbo) und "Shop around the Corner" (1939, mit James Stewart), eine Komödie,
mit der sich Lubitsch ins ungewohnte kleinbürgerliche „real life" wagt. 1942
erregt er Aufsehen mit dem Film "To be or not to be", der Geschichte eines Schauspielensembles
im besetzten Warschau, das sich zur Widerstandsgruppe mausert. Bis heute wird
dieser Film wegen seiner verharmlosenden Darstellung der SS kritisiert.
1943
wechselt er zu Twentieth Century Fox, wo "Heaven can wait" (1943), "The royal
Scandal" (1944/45) und "Dragonwyck" (1945/46) entstehen. 1946 erleidet Lubitsch
einen Herz-Anfall, von dem er sich nie mehr vollständig erholen kann. Am
13. März 1947 wird er mit drei Oscars für seine innovative Regie geehrt.
Sein letzter Film, "That Lady in Ermine", wird von Otto Preminger vollendet. Am
30. November 1947 stirbt Ernst Lubitsch in Hollywood an einem Herzinfarkt.
uvk Literatur:
CineGraph. Lexikon
zum deutschsprachigen Film. München: edition text & kritik
1977 ff
Hans-Helmut
Prinzler, Enno Patalas (Hg.): Lubitsch. Katalog zur Retrospektive Berlin 1984.
München: C. Bucher 1984. Herman
G. Weinberg: The Lubitsch Touch. A Critical Study. New York: E.P.Dutton 1968 |