Erich Waschneck 
 
Erich Waschneck
Filmographie
Thema: Kulturfilm
Kurzbiographie

Erich Johannes Waschneck wird am 29. April 1887 in Grimma/Sachsen als Sohn des Schmiedemeisters  Karl Hermann Waschneck und seiner Frau Therese Emilie, geb. Schneider geboren. Nach dem Besuch des Gymnasiums geht er an die Leipziger Kunstakademie und studiert Malerei. Gleichzeitig hört er an der Universität Vorlesungen in Kunstgeschichte, Anatomie und Philologie. Von 1907 an arbeitet Erich Waschneck als Plakatmaler für den Film, betreut als künstlerischer Mitarbeiter Graphik-Ausstellungen in Leipzig, Bugra und Ila und ist dort für das Programm eines „kulturwissenschaftlichen Filmtheaters" (Waschneck) verantwortlich. 
Einer Anekdote zufolge soll der junge Maler 1920 bei einem Atelierbesuch während der Dreharbeiten zu Ernst LubitschsSumurun" gesagt haben: „Was Lubitsch kann, kann ich auch !" Paul Davidson, Chef der Projections-Aktiengesellschaft „Union" (PAGU), nimmt den keck-dreisten Plakatentwerfer beim Wort und engagiert ihn zunächst als Kameraassistenten und Standfotografen. Ein ungewöhnlicher Einstieg, denn Waschneck hat bis dahin nie einen Fotoapparat in der Hand gehabt. 
Als Standfotograf ist er Autodidakt. Bei dem Ufa-Kameramann Fritz Arno Wagner, der 1921 Friedrich Wilhelm Murnaus„Nosferatu" fotografiert hat und gleichermaßen ein Meister im Atelier und bei Außenaufnahmen ist, lernt Waschneck die Grundlagen der Arbeit an der Filmkamera, während er als Fotograf schnell einen eigenen Stil entwickelt. Er produziert nicht nur die üblichen Szenenfotos, sondern bereichert die still photography des Studios um repräsentative Porträtaufnahmen, schafft eindrucksvolle Star-Images. Die erste Aufnahme dieser Art ist ein Porträt Pola Negris.
1921 steht er bei dem Märchenfilm „Der kleine Muck" nach Wilhelm Hauff zum ersten Mal selbst hinter der Kamera. Die Kulturabteilung des Konzerns produziert ihn in der Architektur von „Sumurun", Regie führt Wilhelm Prager. Waschneck erinnert sich 1952 in einem Interview : 
„Die phantastischen und äußerst kostspieligen Bauten von „Sumurun" (Sultanspalast mit allen Schikanen und so) standen damals, längst abgedreht, noch lange auf dem Gelände herum, denn zu jener Zeit war es geradezu eine Prestige-Frage, auch nicht einen Nagel aus zweiter Hand zu verwenden, der schon irgendwo mal mitgewirkt hatte. Mit störten solche Bedenken wenig, und mit 80 000 Mark (Lubitschs Filme kosteten damals im Durchschnitt 300 000 bis 400 000 Mark) drehte ich, der Anfänger, dem man die verwaiste Kulissen-Pracht wohl nur überlassen hatte, weil man meinte, daß ein Märchen-Film sowieso nicht ganz ernst zu nehmen sei, einen abendfüllenden Spielfilm, der einen sensationellen Erfolg errang [...]."
Nach dem Kulturfilm „Der Kampf um die Scholle" (1923) ist er Kameramann bei Gerhart Lamprechts Thomas Mann-Adaption „Die Buddenbrooks". Anschließend inszeniert er mit Hans Albers „Mein Freund, der Chauffeur". Mit dem Film „Der Mann im Feuer" (1925) beginnt eine längere Zusammenarbeit mit Olga Tschechowa: 1926 und 1927 folgen für die Eiko-National „Brennende Grenze", „Regine, die Trägödie einer Frau", sowie „Die Frau mit dem Weltrekord". Bei diesen ersten Titeln zeigt sich Waschnecks Talent für den Abenteuerfilm - ein Genre, zu dem er im Verlauf seiner Filmarbeit immer wieder zurückkehren wird. 
Das Emigranten-Drama „Die geheime Macht", 1928 mit  Michael Bohnen und Suzy Vernon nach einem Drehbuch von Bobby E. Lüthge inszeniert, läuft als „Sajenko the Sowjet" im Verleih der Parufamet mit großem Erfolg auch in New York. „Die Carmen von St. Pauli", mit Jenny Jugo und Willy Fritsch, bringt im selben Jahr einen weiteren Abenteuerstoff ins Kino, und Waschneck erweist sich als geschickter Arrangeur des Hamburger Hafenmilieus. 
1929 ist sein produktivstes Jahr. In kurzer Folge entstehen „Die Liebe der Brüder Rott", ein Bauerndrama um zwei ungleiche, um eine Frau konkurrierende Brüder sowie der Kostümfilm „Diane". Olga Tschechova spielt in beiden wieder die Hauptrolle, Friedel Behn-Grund steht hinter der Kamera. Ausflüge in die mondäne Welt der Gegenwart zwischen Hotel, Gaunereien und Demi-monde unternimmt Waschneck in  „Die Drei um Edith" mit Camilla Horn und Gustav Diessl sowie in „Skandal in Baden-Baden" mit Brigitte Helm.
Waschneck paßt sich schnell den technischen und dramaturgischen Rahmenbedindungen des Tonfilms an - so läßt er die ursprünglich noch stumm gedrehte historische Komödie „Der Günstling von Schönbrunn" mit Ivan Petrovich und Lil Dagover (Drehbuch: Ladislaus Vajda) Ende 1929 um Tonsequenzen ergänzen. 1930 dreht er mit Gustav Fröhlich das Tonfilm-Melodram „Zwei Menschen" nach dem Bauernroman-Bestseller von Richard Voss - ein Remake des bereits 1923 von Hanns Schwarz verfilmten Stoffes. „Acht Mädels im Boot" (1932) und „Abel mit der Mundharmonika" (1933, nach der Novelle von Manfred Hausmann), beide mit Karin Hardt, markieren eine Zäsur in Waschnecks Arbeit und beziehen ihre ästhetische Wirkung wesentlich von den Aufnahmen on location, die Handlungsorte sind, wie auch bei Carl Frölichs „Reifende Jugend" (1933) an die Peripherie der (Groß-) Städte verlagert. Sport, Bewegung, Freiheits- und Abenteuersehnsucht beherrschen die Geschichten um Jugendliche und ihre Konflikte und zielen auf ein jüngeres Publikum. „Acht Mädels im Boot" wird als erster deutscher Film mit der Goldmedaille bei den Filmfestspielen in Venedig ausgezeichnet und macht Karin Hardt zum Star. Sie wird zur Ikone der sportiven, blonden, modernen Frau.
Von 1932 an ist Erich Waschneck als Inhaber der Berliner „Fanal-Film GmbH" auch selbständiger Produzent. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten inszeniert er zunächst Tonfilm-Remakes von Stummfilm-Stoffen (1934 „Regine" nach Gottfried Keller) und konzentriert sich auf Melodramen („Liebesleute" nach Goethes „Hermann und Dorothea", 1935 mit Renate Müller und Gustav Fröhlich) und - ganz auf der Linie der NS-Filmpolitik - auf Frauenschicksale, die den Charakterdarstellerinnen der dreißiger Jahre viel Spielraum lassen und den Mythos der opferbereiten und zumeist vaterfixierten Frau nähren („Anna Favetti", 1938 mit Brigitte Horney). 
Mit dem antiseminitschen Film „Die Rothschilds" (1940) verläßt Waschneck das 'unpolitische' NS-Unterhaltungskino, läßt sich einbinden in die verstärkte Funktionalisierung des Mediums: Film als Propaganda-Dienstleistung für die Vernichtungspolitik des NS. Das Schlußtableau des Fims schildert sechs Jahre nach dem amerikanischen Vorläufer „The House of Rothschild" (USA 1934, R.: Alfred Werker) den Aufstieg der jüdischen Bankiersfamilie. Doch nicht Mischehe und Identifikation mit partiotischen Zielen beschließen wie bei Werker den Film - der „Sieg über die Welt" wird vielmehr graphisch durch die lineare Verbindung der Firmensitze zu einem Davidsstern verbildlicht. Mit der Überblendung des Sterns von der Geographie der Landkarte in den Himmel setzt der Film ikonographisch die Propaganda-These von der 'jüdischen Weltverschwörung' um. Seine simple Dramaturgie und theatralische Form läßt ihn jedoch deutlich hinter dem amerikanischen Vorläufer zurückbleiben und, wie Gertrud Koch schreibt, „...in doppelter Hinsicht [scheitern], nicht nur in seinen immanenten Propagandaabsichten, über deren Scheitern sich die Propagandisten der Porpaganda selbst im Klaren waren, sondern auch als Film, der eine historische Geschichte als stilisiertes morality play erzählt. "(Koch 1996, S.92)  Auch „Affäre Roedern" (1944) mit seiner Verklärung der preußischen Geschichte ist Propaganda in historischem Kostüm.
Seinen ersten Nachkriegsfilm inszeniert Erich Waschneck nach siebenjähriger Pause 1952: „Drei Tage Angst". Danach versucht er u.a. einen Film über eine Gruppe elternloser Jungen zu realisieren (Arbeitstitel: „Lilien auf dem Feld"), die als Opfer der Nachkriegswirren von einer kleinen ländlichen Gemeinde aufgenommen wurden. Der Integrationsproblematik und Neubestimmung positiver Autorität widmet sich Waschneck jedoch im Unterschied zu dem französischen Film „Der Nachtigallen-Käfig" („La Cage aux Rossignol", 1945, R.: Jean Dréville) in Komödienmanier. Der geplante Film geht nicht in Produktion, ebensowenig wie ein anderer über den Komponisten Carl Maria von Weber. 
1957 übernimmt er noch einmal die künstlerische Leitung zur Neuverfilmung von „Acht Mädels im Boot", einer deutsch-niederländischen Coproduktion in der Regie von Alfred Bittins. Danach zieht er sich aus der Filmarbeit zurück. Erich Waschneck stirbt am 16.9.1970 nach langer Krankheit in Berlin.

uvk
 

Quellen:
Interview mit Erich Waschneck in: Sybille, 9.Jg., 1952.
Glenzdorfs Filmlexikon
Dorothea Hollstein: „Jud Süss" und die Deutschen. Antisemitische Vorurteile im nationalsozialistischen Spielfilm. Frankfurt a. Main / Berlin / Wien 1983, S.65-75.
Getrud Koch: Tauben oder Falken - die Rothschild-Filme im Vergleich. In: Jüdische Figuren in Film und Karikatur. Sigmaringen / Frankfurt a. Main 1996, S. 65-95 [= Schriftenreihe des Jüdischen Museums Frankfurt am Main, Bd. 2).
Ulrich J.Klaus: Deutsche Tonfilme. Lexikon der abendfüllenden deutschsprachigen Spielfilme (1929-1945)... . Berlin/Berchtesgaden 1988ff. Bisher 10 Bände.