Robert Wiene 
 
Robert Wiene

 

Biographie
Als ältester Sohn des erfolgreichen Schauspielers Carl Wiene wird Robert Wiene vermutlich am 27. April 1873 in Breslau geboren. Während sein jüngerer Bruder Conrad in die Fußstapfen des Vaters tritt und später als Regisseur und Drehbuchautor tätig ist, beginnt Wiene 1894 in Berlin zunächst ein Jurastudium. Noch im gleichen Jahr wechselt er an die Wiener Universität und legt einige Zeit später an unbekanntem Ort seine Promotion ab. Im Frühjahr 1908 übernimmt er für mehrere Monate die Leitung des Kleinen Schauspielhauses in Wien. Nach dessen Schließung beteiligt er sich an der Gründung der Neuen Wiener Bühne, aus deren Direktion er im Mai 1909 ausscheidet. 
Wienes erster Beitrag für den Film ist sein Drehbuch zu „Die Waffen der Jugend", einem 1912 entstandenen Film, in dem er möglicherweise auch Regie führt. Ab 1914 ist er dann bei der Berliner Messter-Film GmbH unter Vertrag, für die er in den folgenden Jahren als Regisseur und Drehbuchautor an ca. 30 Produktionen mitarbeitet. Gleichzeitig ist er für zwei weitere angesehene Firmen, die in Berlin ansässige Deutsche Bioscop und die Wiener Sascha Film, sowie für mehrere kleinere Gesellschaften tätig. Seine enge Zusammenarbeit mit Walter Turszinsky, mit dem er in dieser Zeit verschiedene Filmmanuskripte gemeinsam verfaßt, sowie ab 1916 mit Henny Porten, einem der großen, deutschen Stummfilmstars, und dem Regisseur und Schauspieler Rudolf Biebrach fördert Wienes Ruf als kompetenter Drehbuchautor und Regisseur. So schreibt er bis 1919 für insgesamt 18 Henny-Porten-Filme die Vorlagen, von denen er drei selbst auch inszeniert („Der Liebesbrief der Königin", „Das wandernde Licht", „Die Räuberbraut", alle 1916). 
1919 gründet Wiene zusammen mit Heinz Hanus in Wien einen Berufsverband der Filmregisseure, dem er bis 1922 vorsteht. Ebenfalls 1919 beginnt er für Erich Pommers Berliner Decla-Film mit den Dreharbeiten zu „Das Cabinet des Dr. Caligari" (1919/20). Von der zeitgenössischen Kritik als Inbegriff und Ausgangspunkt des expressionistischen Films bezeichnet, heute unbestritten zum Kanon der Filmklassiker gehörend, markiert der Streifen, zu dem Carl Mayer und Hans Janowitz das Drehbuch liefern und Hermann Warm, Walter Reimann und Walter Röhrig die Bauten fertigen, einen Wendepunkt in Wienes Karriere. Mit Werner Krauß in der Rolle des Irrenarztes, der als geheimnisvoller Schausteller Dr. Caligari auf Jahrmärkten umherzieht und sein somnabules Medium Cesare, verkörpert von Conrad Veidt, für seine triebhafte Mordlust mißbraucht, ist der Film im In- und Ausland ein außerordentlicher Publikumserfolg. Wienes Versuch, ein Jahr später mit „Genuine" , einer im Bereich der Exotik und Phantastik angesiedelten Inszenierung, für die erneut Carl Mayer das Drehbuch schreibt, an diesen Erfolg künstlerisch und finanziell anzuschließen, mißlingt jedoch. 
1922 gründet Wiene seine eigene Produktionsgesellschaft, die Lionardo-Film. Es entstehen u.a. „Die höllische Macht" (1922), „Raskolnikow" (1922/23), eine hochgelobte Verfilmung von Dostojewskis Roman „Schuld und Sühne" sowie 1923 „Der Puppenmacher von Kiang Ning". Noch im gleich Jahr folgt der monumentale und mit einem großen Staraufgebot besetzte Bibelfilm „I.N.R.I.".
1924 geht Wiene nach Österreich, um bei der Wiener Pan-Film AG zusammen mit dem Autor Ludwig Nerz die künstlerische Oberleitung zu übernehmen. „Orlacs Hände" (1924), der von der Fachpresse euphorisch aufgenommen wird, ist der zweite Film, den er dort realisiert. Ebenfalls für die Pan-Film dreht er ein Jahr später „Der Rosenkavalier", eine Adaption der gleichnamigen Oper von Richard Strauss, die gerade durch die Zusammenarbeit mit dem Komponisten und dessen Librettisten Hugo von Hoffmannsthal in der Öffentlichkeit ein großes Interesse auf sich zieht. 
1926 kehrt Wiene nach Berlin zurück, wo er sich während der letzten Jahre der Stummfilmära verstärkt dem niveauvollen Unterhaltungsfilm zuwendet (u.a. „Die Geliebte", 1926/27, „Die Frau auf der Folter", 1928, „Die große Abenteurerin", 1928). 1930 kommt schließlich sein erster Tonfilm, der Psychothriller „Der Andere", in die Kinos, gefolgt von Filmen verschiedener Genres wie „Der Liebesexpreß" (1931), „Panik in Chicago" (1931) oder „Taifun" (1933), der in Deutschland mehrfach verboten wird und erst nach erheblichen Änderungen unter dem Titel „Polizeiakte 909" in den Verleih gelangt. 
1934 verläßt Wiene Deutschland und gelangt über Budapest („Eine Nacht in Venedig", 1934, deutsch und ungarische Version) und London 1936/37 nach Paris. Vergeblich versucht er dort, zusammen mit Jean Cocteau ein Tonfilm-Remake seines „Caligaris" zu realisieren. Der Spionagefilm „Ultimatum" ist somit seine letzte Regiearbeit, die er allerdings nicht mehr beenden kann. Noch vor Abschluß der Dreharbeiten verstirbt Wiene am 17. Juli 1938 in Paris. Robert Siodmak führt den Film zu Ende.
 

Quellen:

  • Jung, Uli/Walter Schatzberg: Robert Wiene: der Caligari-Regisseur. Berlin 1995.
  • Robert Wiene - Regisseur, Autor, Produzent. In: CineGraph. Lexikon zum deutschsprachigen Film. Hrsg. von Hans-Michael Bock. München 1984ff.
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