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Ulrich
K.T. Schulz wird am 15. Dezember 1897 in Berlin als Sohn des städtischen
Hauptlehrers Paul F.F. Schulz und seiner Ehefrau Margarete geboren. Schon
als Schüler hilft Ulrich seinem Vater, der als Dozent des Berliner Lehrervereins
häufig Fortbildungskurse in Botanik hält, bei der Herstellung von Diapositiven
für den Unterricht. Nach dem Studium der Biologie, das er mit der Promotion
abschließt, wird Schulz Assistent am Zoologischen Institut der Landwirtschaftlichen
Hochschule in Berlin.
1920 kommt er zur Kulturabteilung der Ufa und leitet
dort bis zum Ende des zweiten Weltkriegs und Auflösung des Konzerns die
Abteilung Biologie. Mit über 400 kurzen und mittellangen Filmen zu Tieren
und Pflanzen gehört er zu den produktivsten Filmern dieses Genres. Bereits
in den zwanziger Jahren benutzt Schulz ein Teleobjektiv und, um die Bewegungen
der Pflanzen, so etwa das Aufblühen einer Tulpe darstellen zu können,
Zeitraffer-Technik. Er heiratet Charlotte Voigt, eine filmtechnische Assistentin
an der Berliner Universität.
Schulz' erster Film "Der Hirschkäfer" entsteht
1920 in der Waschküche einer Dreizimmerwohnung in der Köthener Straße
in Berlin, wo die Kulturabteilung der Ufa zunächst untergebracht ist.
Von Schulz dürften auch die Tier- und Pflanzenaufnahmen stammen, die Friedrich
Wilhelm Murnau 1921 in seinen Spielfilm "Nosferatu"
integrierte. In einer Studierzimmerszene werden vampirartige Lebewesen
vorgeführt: eine Venusfliegenfalle und ein Meerwasserpolyp. Drehbuchautor
Hendrik Galeen und Murnau parodieren
die Begeisterung, mit der der "verrückte Wissenschaftler" Professor Bulwer
seine Studenten in die "tiefsten Geheimnisse der Natur" einweiht.
1922 reist Schulz zur größten deutschen meeresbiologischen
Station nach Helgoland und dreht dort fünf Filme. Doch sein Ziel ist es,
Tiere in freier Wildbahn zu filmen. Zusammen mit dem Senior-Kameramann
der Kulturabteilung, Paul Krien, konstruiert er ein Teleobjektiv mit 1500
mm Brennweite. 1923 drehen die beiden damit den ersten Film über heimisches
Wild: "Vom Waldkönig und seiner Krone" kommt 1924 in die Kinos.
Ständig um die Erweiterung und Verfeinerung der
Optik bemüht, um dem Film neue Gegenstandsbereiche zu erschließen, verändert
Schulz auch die bisherige Anordnung des Filmens mikroskopischer Prozesse.
War bislang das Mikroskop auf dem Tisch montiert gewesen und wurde die
Filmkamera daraufgestellt und danach beide Optiken lichtdicht verbunden,
so entwickelten Schulz und Krien zusammen mit der Firma Leitz eine spezielle
Mikroapparatur, mit der sie 1924 die Teilung eines - besonders hellen
und durchsichtigen - Seeigeleis filmten.
Im selben Jahr bricht Schulz zur ersten Auslandsexpedition
der Kulturfilmabteilung nach Neapel auf. Längere Tierfilmexpeditionen
führen Schulz ins Mündungsgebiet der Donau am Schwarzen Meer und 1928
nach Sizilien, wo das Team den größten Ätna-Ausbruch seit 30 Jahren miterlebt.
Währenddessen läuft in Deutschland der abendfüllende Film "Natur
und Liebe", den Schulz nach einem Drehbuch von Nicholas
Kaufmann unter Mitarbeit von Wolfram Junghans und Willi Achsel inszeniert
hat. Es ist der Versuch, in einer Art filmischer Kosmologie die Entwicklungsstufen
des biologischen Lebens zu beschreiben. Das semidokumentarische Potpourri
besteht aus Landschafts- und Tieraufnahmen sowie Spielszenen, die die
Lebensweise der Menschen in der Steinzeit nachstellen. Gedreht wurde u.a.
in einer rekonstruierten Pfahlbausiedlung in Unteruhldingen (Bodensee);
neben Paul Krien stehen die Studiokameraleute Carl
Hoffmann ("Metropolis", 1926) und
Fritz Arno Wagner ("Nosferatu", 1921/22,
"Zur Chronik von Grieshuus", 1925)
hinter der Kamera. Der streng auf die Höherentwicklung des Menschen hin
organisierte, fortschrittsoptimistische Film hat großen Erfolg bei der
Kritik - quer durch die politischen Lager.
In den Dreißiger Jahren wird die Mikrobiologin
Herta Jülich Schulz' Mitarbeiterin. Neben Martin
Rikli, der sich Ende 1944 in die Schweiz absetzt, ist Schulz der konstanteste
Ufa-Kulturfilmer. Im Januar 1945 feiert er sein 25jähriges "Dienstjubiläum",
und "Der Angriff" widmet ihm ein Porträt. Schulz versteht sich stets als
'Pionier', seine soldatische Diktion verrät, daß er die Filmarbeit als
- durchaus kriegswichtige - Tätigkeit begreift. "Heute haben wir mit
einem 1-Meter-Objektiv eine wahre Kamerakanone, die wir vor allem für
die scheuesten Tiere vor der Kamera gebrauchen, nämlich die Seehunde.
Wir konnten sie durch dieses Objektiv aus 600 m Entfernung filmen. Als
wir damals in der Köthener Straße anfingen, hätten wir uns auch nicht
träumen lassen, daß wir zum Beispiel nochmal einen Film verwenden würden,
der mit der D-Zug-Geschwindigkeit von 104 km durch die Kamera rast und
in einer Sekunde 1500 Bilder schießt, um Insekten im Flug zu beobachten.
Diese Aufnahmen sind übrigens dem Flugzeugbau wiederum zugute gekommen,
da sie das Geheimnis des Fluges in der Natur erstmalig enträtselten."
(Schulz in "Der Angriff", 11.1.1945)
Nach Kriegsende und der Auflösung des Ufa-Konzerns
schlägt sich Ulrich K.T. Schulz zwei Jahre als Gartenarbeiter durch. Als
1948 in Hamburg-Blankenese ein Filmstudio eröffnet wird, versucht sich
Schulz als Produzent. Er dreht den Stummfilm "Die Stubenfliege", der nach
Auflösung seiner Firma von der Roto-Film unter dem Titel "Böse Gäste"
vertrieben wird. Schulz bleibt seinen eingeführten Themen treu, dreht
Filme über Kraken und andere Wassertiere. 1956 kehrt er nach Babelsberg
zurück und baut die neue biologische Fachabteilung der DEFA auf. 1963
zieht er sich von der aktiven Filmarbeit zurück. 1972 verleiht ihm die
Kinotechnische Gesellschaft die Oskar-Messter-Medaille. Ulrich K.T. Schulz
stirbt im Dezember 1983 in Potsdam.
Filme von Ulrich K.T. Schulz (Regie, wenn nicht
anders angegeben; Produktionen der Ufa-Kulturabteilung, wenn nicht anders
angegeben)
1920-1933:
Der Hirschkäfer. D 1921. 1 Akt, 358 m
Raubritter des Meeres. D 1923. 2 Akte, 535 m
In den Tiergärten des Meeres. D 1923. 1 Akt, 362 m
Strandgeheimnisse. D 1923. 1 Akt, 372 m
Vom Waldkönig und seiner Krone. D 1924. 304 m.
Die Wunderwelt des blauen Golfes. D 1925. 5 Teile, insges. 1449 m
Im Vogelschutzgebiet auf Langeoog. D 1926/27. 1 Akt, 219 m
Tierkünste unter der Zeitlupe. D 1927. 1 Akt, 330 m, zus. mit Wolfram
Junghans
Natur und Liebe. Vom Urtier
zum Menschen. D 1927/28. 5 Akte, 2136 m
Im Lande Peer Gynts. 1932/33. 390 m [nach Kürzung 156 m]
Nordische Vogelberge. D 1932/33. 431 m
1933-1939:
Wasser hat Balken. D 1933. 1163 m. R.: Wilhelm
Prager, Ulrich K.T. Schulz
Aus der Heimat des Elchs. Tierbilder aus den finnischen Wäldern. D 1933.
310 m
Vom Amselfeld zum Ochridasee. Bilder vom Volkstum in Südserbien. D 1933.
497 m
Meerestiere in der Adria. D 1933/34. 390 m
Stimmen im Schilf. D 1934. 398 m
Schären und Fjorde an der Adria. D 1934. 344 m
Aus Flur und Forst. D 1934/35. 330 m
Von Schwarzkitteln und Schauflern. D 1934/35. 348 / 393 m. Kopie: DIF
Der König des Waldes / Der Rothirsch. D 1934/35. 403 m
Der König des Waldes [Mit Vorspruch]. D 1935. 178 m (16 mm-Schmalfilm)
Wolken, Wind und Wetter. D 1935. 217 m [16 mm-Schmalfilm]
Zwischen schwarzem und weißem Czeremaosz. D 1935. 445 m
Der Ameisenstaat. D 1935. 420 m. Zus. mit Wolfram Junghans
Vom Uhu und anderen Gesichtern der Nacht. D 1936. 435 m. Zus. mit Wolfram
Junghans
Leben im Walde. D 1936. 135 m
Tiere als häusliche Freunde. D 1936/37. 435 m. Zus. mit Wolfram Junghans
Lustiges Hundevolk. D 1936/37. 378 m
Kamerajagd auf Seehunde. D 1937. 380 m
Der Bienenstaat. D 1937. 464 m. Zus. mit Wolfram Junghans
Mysterium des Lebens. D 1937. 422 m. Zus. mit Herta Jülich
Das Sinnesleben der Pflanzen. D 1937. 406 m. Zus. mit Wolfram Junghans
Steinerne Wüste und steinerne Wunder an der Adria. 1937/38. 388 m
Stammgäste an der Nordsee. D 137/38. 432 m
Vom Hauswirt und Mieter auf dem Meeresgrund. D 1938. 370 m
Von Fischern und Sängern am Watt. D 1938. 396 [397] m Natur und Technik.
D 1938. 436 m
Die Schönheit der tierischen Bewegung. 460 m
Hochzeiter im Tierreich. D 1938. 377 m
Die Kleinsten aus dem Golf von Neapel. D 1938. 391 m
Tintenfische. D. 1938. 395 m
Störche. D 1939. 412 m
1940-1945:
Entdeckungsfahrt im Rohr. D 1940. 482 m
Kanarien. D 1940. 418 m. Zus. mit Wolfram Junghans
Der Neusiedler See. D 1940. 453 m
Mooswunder. D 1941. 442 m. Kopie: DIF
Kristalle. D 1941. 523 m
Friedliche Jagd mit der Farbenkamera. D 1941. 518 m
Wisente. D 1941. 488 m
Zeitgemäße Pflanzenzucht. D 1941. 513 m
Der Jäger als Heger. D 1942. Kurzfilm. 390 m. Kopie: DIF
Ostpreußens Küste am Meer. D 1942. 366 m
Geheimnisvolle Moorwelt. D 1942. 372 m. Kopie: DIF
Heimliche Gäste in Wald und Flur. D 1942. 399 m
Farne. D 1942. 325 m
Buntes Leben in der Tiefe. D 1943. 463 m
Fleischfressende Pflanzen. D 1943. 388 m
Warnfarben und Tarnfarben. D 1943. 407 m
Ein vorbildlicher Vater. Der Roman eines Stichlings. D 1943. 347 m. Zus.
mit Wolfram Junghans. Kopie: DIF
Die Rominter Heide. D 1943/44. 360 m. Kopie: DIF
Kaninchen. D 1943/44. 423 m. Zus. mit Wolfram Junghans
Der Karpfen. D 1944. 481 m. Zus. mit Wolfram Junghans
Unser täglich Brot. D 1945. Zus. mit Wolfram Junghans
Nach 1945:
[Die Stubenfliege. BRD 1949/50. 330 m (Stummfilm). P.: U.K.T. Schulz Kulturfilm-Prod.]
Böse Gäste. BRD 1949/50. Co-Regie. P.: Erka-Film, Hamburg. Kopie: DIF
Früchte des Meeres. BRD 1952. P.: Roto-Film, Hamburg. Kopie: DIF
Kleines, emsiges Volk. BRD 1953. 378 m.
Wunderwelt der Kristalle. BRD 1954. Kurzfilm. Kopie: DIF
Welt der Wasserjungfer. BRD 1955. Kopie: DIF
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