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18 Jahren, ohne vollendete Erziehung und Ausbildung, kam Ludwig II. auf den Thron.
An Stelle des für alle Menschen heilsamen Zwanges war bei ihm zu früh
die Möglichkeit schankenloser Willkür getreten, von der er immer mehr
Gebrauch machte. Kein starker Wille, keine hohe Intelligenz traten ihm haltgebietend
entgegen. Alle ließen ihn gewähren, obschon sie sahen, daß er
auf Abwege geriet. - In seiner Seele regte sich kaum eine Empfindung, die wahres
Glück und Freude verbreitete, und auch sein äußerer Lebensgang
zeigte immer mehr Enttäuschungen als Erfolge. - Seine erste wirkliche Tat,
die Errettung Richard Wagners aus Not und Untergang, brachte ihm nichts als Feindschaften
ein, welche ihn bald zwangen, sich von dem kaum gewonnenen Freund wieder zu trennen.
Der Krieg von 1866, die Auflösung seiner Verlobung, der Sieg von 1870 - all
dies trug dazu bei, sein Gemüt noch mehr zu umdüstern. Immer tiefer
wurde die Kluft zwischen ihm und den Menschen. Ganz eingesponnen in der Welt seiner
Illusionen lebte er einsam - fern von der bayerischen Hauptstadt, in phantastischen
Schlössern, die er in der Wildnis der Berge errichten ließ. Am 10.
Juni 1886 zerbrach dieses Traumleben - und schon drei Tage später war das
Ende da – von dem niemand genau weiß, wie es war - wie es geschah. |