MaterialienAlraune
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Alraun - die Alraunwurzel oder das Hexenkraut - ist schon von alters her vom Aberglauben des Volkes umkleidet. Die Beeren des krautigen Gewächses mit menschenartiger Gestalt dienten bereits im Altertum zu Liebes- und Schlaftränken. Im Mittelalter aber ging die Sage: Auf der Grenze zwischen Leben und Tod befruchtet des Gehenkten letzte Lebenskraft die Allmutter Erde. So zeugten Verbrecher am Galgen die Alraunen, jene Wurzeln mit menschenähnlichen Zügen. Bei Vollmond zogen die Menschen aus, Alraunenwurzeln zu suchen; denn man sagte, sie trügen Glück ins Haus; daß sie aber auch Kummer brächten, vergaß man! 
Seit vielen Jahren beschäftigt sich Professor Jakob ten Brinken mit dem Problem der künstlichen Befruchtung. Bei Tieren haben seine Experimente bereits zum Erfolg geführt, so daß er nun am Menschen Ähnliches vollbringen möchte. Vergeblich versucht sein Neffe, Frank Braun, ihn von seinem frevelhaften Vorhaben abzubringen. Ten Brinken jedoch, skrupellos und besessen von seiner wissenschaftlichen Forschung, gelingt es, eine Dirne mit dem Samen eines soeben Gehenkten zu befruchten. Die Mutter muß den Versuch zwar mit dem Leben bezahlen, das Experiment selbst aber glückt und Alraune, ein künstlicher Mensch, ist geboren. 
Einige Jahre vergehen. Ten Brinken hat das Mädchen inzwischen adoptiert und dadurch seinen Neffen um dessen Erbe gebracht. Dieser, entsetzt über das Spiel seines Onkels mit einem Menschen, entzweit sich mit ihm und geht ins Ausland. 
Mit wissenschaftlicher Genauigkeit führt ten Brinken Tagebuch über die Entwicklung seines Geschöpfes. Schon früh zeigen sich bei Alraune Züge von Undankbarkeit, Gefühllosigkeit und Grausamkeit. Meisterlich versteht sie es, andere zu Übeltaten zu verleiten und sie für ihre Zwecke auszunützen. So lernt sie auch Wolf Gontram kennen, der sich unsterblich in sie verliebt und ihr rettungslos verfällt. Von Alraune angestiftet, bestiehlt er seinen Vater, und brennt zusammen mit ihr durch. Bei einem Wanderzirkus finden die beiden Unterschlupf. In dieser neuen, bunten Welt der Schausteller entfaltet sich nun immer mehr die zauberische Kraft Alraunes, alle Männer zu betören, ohne daß sich dabei ihr Herz regt.
Ten Brinken, unterdessen auf der Suche nach seinem Mündel, gelingt es, Alraune aufzuspüren. Er nimmt sie mit sich fort auf Reisen, während Gontram, der die Trennung von Alraune nicht erträgt, in seiner Verzweiflung Selbstmord begeht. 
Unterwegs im Süden reift die Wunderwirkung Alraunes Natur weiter. Ten Brinken, zunächst noch erfreut, daß sein „Tochter" so verehrt wird, muß sich bald eingestehen, daß er sie keinem anderen Manne gönnt. Als eines Tages ein junger Vicomte bei ihm um die Hand Alraunes anhält, weist er ihn schroff ab. Alraune, die sich das Verhalten ihres „Vaters" nicht erklären kann, schleicht daraufhin eines Nachts neugierig in das Schlafzimmer ten Brinkens und findet dort sein Tagebuch. Mit Entsetzen erfährt sie, wer sie wirklich ist. Voller Zorn sinnt sie auf Rache: „Ohne Liebe" hat ten Brinken sie erschaffen und an der Liebe - der Liebe zu ihr - soll er langsam zugrunde gehen. Aus der „Tochter" Alraune wird nun mit allen Mitteln und Künsten das verführerische Weib, dessen Reizen ten Brinken hoffnungslos erliegt. In Liebe entbrannt, versucht er, sie an sich zu fesseln, und verliert dabei sein gesamtes Vermögen. Als Alraune ihn schließlich hohnlachend und voller Verachtung verläßt, um, von ehrlichem Gefühl erfüllt, an der Seite des inzwischen zurückgekehrten Frank Brauns ein neues Leben zu beginnen, bricht Ten Brinken zusammen und endet in der Gosse.

Nach: 
Illustrierter Film-Kurier, Nr. 802
Mein Film (Wien), Nr. 149, 1928.
Verleihkatalog Nr. 1. Hrsg. vom Deutschen Institut für Filmkunde und der Stiftung Deutsche Kinemathek. Frankfurt/M./Wiesbaden/Berlin 1986.