MaterialienI.N.R.I. (Ein Film der Menschlichkeit)
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Startseite zu 30 repräsentativen ZensurfilmenDas gottlose MädchenIm Westen nichts Neues

Ein junger Mann erschießt aus politischer Überzeugung und in dem Glauben, seinem Volk damit zu nutzen, den Ministerpräsidenten seines Landes. Zum Tode verurteilt, fühlt er in den letzten Stunden vor seiner Hinrichtung leise Zweifel in sich aufsteigen, ob seine Tat sinnvoll war. Wie Jesus Christus, so versucht er, sich dann doch Mut zuzusprechen, sei er den richtigen Weg gegangen, und beginnt, die Lebens- und Leidensgeschichte Christi aufzuschreiben:
Im Lande Juda herrscht die harte Faust des Eroberers. Voller Verachtung für den Besiegten ziehen die römischen Besatzungstruppen durch Jerusalem. An heimlichen Plätzen treffen sich Verschworene und verteilen Waffen. Da erfahren sie, daß in Galiläa ein Mann aufgetaucht sei. Sein Name sei Jesus Christus. Er spreche keine großen Worte, predige von Nächstenliebe, aber die Menge feiere ihn als den Messias, der sein unterdrücktes Volk befreien werde.
In Begleitung seiner Jünger und unter Jubel der Menschenmenge hält Jesus Einzug in Jerusalem. Die Priesterschaft ist in heftiger Erregung, selbst Roms mächtiger Stadthalter hört die Welle voll Unbehagen an seinen Palast heranbrausen. 
Die Offiziere der römischen Besatzungsarmee liegen trunken und feixend auf üppigen Polstern bei Maria, einer jungen, verführerischen Frau aus Magdala. Und während sich das Bacchanal wilder entfaltet, kommt Jesus an ihrem Haus vorbei. Selbstbewußt stellt sich Maria ihm in den Weg. Doch als Jesus sie anschaut, fühlt sie plötzlich ihre Blöße. Sie löst ihr langes Haar, sinkt in den Staub und küßt den Saum seines Gewandes.
Im Volk von Jerusalem macht sich Unzufriedenheit breit: Der Messias schütze die Feinde und habe weder Brot noch Geld gebracht. Er sei nicht als König gekommen. Die Priesterschaft ist zum Handeln entschlossen und versuchen von Judas, einem der Jünger Jesus, zu erfahren, wo dieser die Nacht zubringt. 
Christus hat seine Jünger zum letzten Abendmahl versammelt. Stilles, ergriffenes Schweigen ist über allen. „Einer unter Euch wird mich verraten." Empörung, Entsetzen - nur Judas scheint von dem Schrecken der Botschaft seltsam unberührt. Er erkennt, daß Jesus der Messias ist, denn er vermag in den Seelen zu lesen.
Im Hain von Gethsemane schlummern die Jünger. Judas tritt auf Jesus zu und kniet sich gläubig zu dessen Füßen. Da springen die Häscher vor. Jesus reicht ihnen seine Hände und läßt sich widerstandslos gefangennehmen.
Vor dem großen Gericht der Priesterschaft ist Kaiphas ist der einzige, der Jesus versteht. Ernst fragt er: „Bist du Jesus, der Sohn Gottes?" Jesus bejaht die Frage und im Saal erschallen laut die Rufe nach seinem Tod.
In seinem feierlichen Saal erwartet der römische Statthalter Pontius Pilatus Jesus. Ruhig tritt dieser vor ihn. Voller Verachtung blickt Pilatus auf die tobende Menge vor der Tür seines Palastes: Ich finde keine Schuld an ihm. Die lebende Brandung wird drohender. Ein Achselzucken, ein Wink und Jesus wird hergeführt. Schweigend steht er vor der rasenden Menge, die seinen Tod fordert. 
Vom Volke verhöhnt, schleppt Jesus sein Kreuz nach Golgatha. Drei mächtige Kreuze winken von der Anhöhe. Auf Maria Magdalena gestützt, nähert sich Maria, die Mutter Jesus. Die Jünger stehen abseits, stumm und verzweifelt. Johannes eilt zu den Frauen und führt sie zu dem Sterbenden. Schweigend senkt die Menge die Köpfe, Jesus Haupt ist zur Seite gesackt, er ist tot. 
In seiner engen Zellen schreibt der Gefangene bis in die grauenden Morgenstunden. Erschöpft sinkt er zu Boden, wo ihn am Morgen der Gefängnispriester findet. Hastig erhebt sich der Mann. Er will sich zu seiner Schuld bekennen: Ich bin kein Erlöser, ich habe Menschenblut vergossen! Erschüttert verläßt der Geistliche die Zelle. Da muß er erfahren, daß dem Gefangenen die Begnadigung verweigert worden ist. Stumm kehrt er zu ihm zurück und findet einen Toten mit einem erlösten Lächeln auf den Lippen: Gott hat ihn begnadigt.

Nach:
Licht-Bild-Bühne (Berlin), Nr. 47, 24.11.1923.