Jahrestagung der Arbeitsgruppe „Cinematographie des Holocaust"

 

Jahrestagung der Arbeitsgruppe „Cinematographie des Holocaust"

„Die Vergangenheit in der Gegenwart. Konfrontationen mit dem Holocaust in den Filmen der deutschen Nachkriegsgesellschaften"

vom 02.12.-04.12.1999 in Frankfurt am Main
 

Die Jahrestagung der Arbeitsgruppe „Cinematographie des Holocaust", Projekt des Fritz Bauer Instituts, Frankfurt am Main und von CineGraph, Hamburgisches Centrum für Filmforschung, wird in diesem Jahr veranstaltet vom Deutschen Filminstitut - DIF, Frankfurt am Main. 

Die Gegenwärtigkeit des Holocaust in den Filmen der deutschen Nachkriegsgesellschaften ist Gegenstand der Arbeitstagung. Dabei ist „Gegenwärtigkeit" wörtlich zu nehmen: die Tagung will nicht jene Filme analysieren, die den Holocaust als historisches Phänomen darstellen, sondern jene, in denen die Erinnerung/Nicht-Erinnerung an den Holocaust in eine Beziehung tritt zu aktuellen gesellschaftspolitischen Situationen in der Bundesrepublik, der DDR und im vereinten Deutschland. 

Zunächst ist festzustellen, daß es nur sehr wenige Spielfilme gibt, die das Nachwirken des Holocaust in die deutschen Nachkriegsgesellschaften thematisieren. Zu ihnen zählen beispielsweise „Zeugin aus der Hölle" (1965-67, R: Zica Mitrovic), der  die Nöte einer Überlebenden schildert, die gegen einen KZ-Arzt aussagen soll und unter dem Druck bundesdeutscher Strafverfolgungsbehörden, dem Wiederaufleben ihrer Traumata und den Drohungen von Alt-Nazis Selbstmord begeht; „Land der Väter, Land der Söhne" (1989, R: Nico Hoffmann) beschreibt die Recherche eines Journalisten nach den Hintergründen des Selbstmords seines Vaters, der 1942 in Polen eine Fabrik besaß; „Bronsteins Kinder" (1990/91, R: Jerzy Kawalerowicz), in dem Überlebende in der DDR Selbstjustiz an einem Peiniger von einst vornehmen wollen; „Das schreckliche Mädchen" (1990, R: Michael Verhoeven) beruht auf der authentischen Geschichte der Schülerin Anja Rosmus, die die Geschichte Passaus im Nationalsozialismus untersuchte, woran sie mit allen Mitteln gehindert werden sollte; oder schließlich, als jüngste Beispiele, „Meschugge" (1999, R: Dany Levy), in dem eine junge Frau der wahren Geschichte ihrer Familie im Holocaust auf die Spur kommt sowie „Nichts als die Wahrheit" (1999, R: Roland Suso Richter), in dem ein fiktiver Prozeß gegen den KZ-Arzt Josef Mengele durchgespielt wird. Auch in der DDR entstanden nur vereinzelt  Spielfilme, die sich des Themas - häufig als Seitenaspekt - annahmen.

Der Frage, wie der Völkermord an den europäischen Juden in den Nachkriegsgesellschaften nachwirkt, sind neben den wenigen Spielfilm-Regisseuren vor allem Dokumentarfilmer nachgegangen. Auch ihre Arbeiten will die Tagung am Beispiel der Produktionen des Hessischen Rundfunks und an denen der Defa erstmals vorstellen. 

In nahezu allen Filmen geht es um Entdeckungen, Entlarvungen, um den Zusammenbruch von Gewißheiten, um das Aufbrechen des sorgsam Verschwiegenen. Daß nur sehr wenige Spielfilme von diesem Aufdecken handeln, zeugt umgekehrt von der Macht des Verschweigens. Worauf diese Filme antworten, welcher Strategien sie sich bedienen und wie ihre Rezeption beschaffen war - diese Fragen stehen im Mittelpunkt der Referate des workshops, der durch öffentliche Filmvorführungen ergänzt wird. 

Wir sind zuversichtlich, dass die bislang weitgehend vernachlässigte Fragestellung, wie der deutsche Nachkriegsfilm auf den Holocaust als aktuelles Problem reagiert, zu neuen und spannenden Ergebnissen führt. Die Tagung wurde durch freundliche Unterstützung der Defa-Stiftung, Berlin, ermöglicht.

Den geplanten Ablauf des Treffens von rund 50 Fachwissenschaftlern entnehmen Sie bitte dem beigefügten Papier. Um den Charakter einer Arbeitstagung beibehalten zu können, bitten wir um Verständnis, dass mit Ausnahme der Eröffnungsveranstaltung am 02.12. um 20.30 Uhr und des Empfangs durch die Stadt Frankfurt am 03.12. um 13 Uhr im Römer die Tagung nicht öffentlich ist. Selbstverständlich stehen wir Ihnen jedoch für Interviews zur Verfügung, auch übermitteln wir gerne Interviewwünsche an die Referentinnen und Referenten. Die Ergebnisse der Tagung werden wir in einer Pressemitteilung zusammenfassen.