Materialien Im Westen nichts Neues
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Literaturhinweise
Essay
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Deutschland 1914: Ein nüchterner Schulraum, junge Burschen auf der Schwelle zwischen Kindheit und Erwachsensein. Aufgestachelt durch die patriotischen Parolen ihres Lehrers Kantorek, melden sie sich als Kriegsfreiwillige zum Militär. Heldenhaft, begeistert, voller Vaterlandsliebe und Idealismus ziehen sie in den Krieg: Paul Bäumer, mit dem angefangenen Drama zu Hause auf dem Schreibtisch, der kleine Albert Kropp und der lange Leer, Müller V, der seine Schulbücher im Tornister mitnimmt und vom Notexamen träumt, Kemmerich, der als einziger die Riesenwelle am Schulreck turnen kann... eine Gruppe von Freunden, keiner älter als Zwanzig. 
Die Ausbildung ist kurz, der Ausbilder Himmelstoß, den Jungen noch bekannt als der freundliche Briefträger des Ortes, ein zynischer Schinder. Bald schon erfolgt der Abmarsch an die deutsch-französische Front. Erfahrene Soldaten, wie Tjaden und der rauhbeinige, aber väterliche Kat(czinsky) bereiten dort die Neuankömmlinge auf den Alltag in vorderste Linie vor, erteilen Ratschläge für das Überleben. In den Schützengräben erfahren die jungen Männer die Schrecken des Krieges dann am eigenen Leib: den Lärm des nicht endenwollenden Trommelfeuers, den Hunger, die Ratten, das zermürbende Warten auf den ersten Grabenkampf, zuletzt auch das Töten und Sterben. Der anfängliche Enthusiasmus und Hurrapatriotismus weicht der Ernüchterung, der Todesangst. Kemmerich ist der erste, der die Nerven verliert und der Enge des Unterstandes zu entfliehen versucht. Voller Panik stürzt er ins Freie und wird, noch bevor das eigentliche Gefecht beginnt, das auf beiden Seiten der Kampfeslinie zahlreiche Opfer fordern wird, von einer Granate schwer verwundeten. Zusammen mit einigen Kameraden besucht Paul den Freund später im Lazarett. Hilflos, teils verlegen und bemüht, Trost zu spenden, stehen die jungen Männer um das Bett des sterbenden Kameraden. Ein Bein ist ihm amputiert worden - und einer der Freunde, pragmatisch und direkt, zeigt sofort reges Interesse an dessen Stiefeln, „wo er sie doch jetzt nicht mehr braucht".
Die Kämpfe an der Front gehen derweil unvermindert weiter. Bei einem Angriff auf ein französisches Dorf sucht Paul in einem der vielen Granattrichter Schutz. Als plötzlich ein Franzose in das Erdloch springt, sticht er auf den Angreifer ein. Lange Zeit liegt der tödlich Verletzte röchelnd neben Paul am Hang des Kraters. Die Nacht bricht herein, der Sturmangriff hat aufgehört. Am nächsten Morgen ist der andere tot. In einem Gefühl von Reue und Verzweiflung sucht Paul Paß und Familienbilder des Franzosen hervor. Der Feind verliert seine Anonymität, erhält einen Namen, eine Identität.
Für kurze Zeit wird die Kompanie von der Front abgezogen. In einem kleinen, grenznahen Dorf verleben die jungen Männer einige Tage der Unbekümmertheit und ersten großen Liebe, bevor sie wieder zurück ins Feld beordert werden und Paul bei einem Angriff schwer verletzt wird. Wochen der Genesung vergehen. Paul erhält Heimaturlaub und erlebt hier das wirklichkeitsfremde Geschwätz im Gasthaus und die unveränderte Kriegsverherrlichung in der Schule. Nichts hat sich geändert, weder die stürmende Begeisterung der Jugend noch die Indoktrinierung seitens derer, die es eigentlich besser wissen müßten. Schmerzlich erkennt Paul, daß er ein Fremder in der Heimat ist. Freiwillig kehrt er früher als geplant zu den Kameraden an die Front zurück. Doch von den einstigen Klassenkameraden, die in jugendlichem Eifer ausgezogen, um das Vaterland zu verteidigen, ist keiner mehr übrig. Sie sind tot, verstümmelt oder verwundet. Junge, unverbrauchte Gesichter, Soldaten, fast noch Kinder sitzen als Ersatz im Lager der Kompanie. Nur Kat ist noch da, aber auch er wird kurz darauf bei einem überraschenden Flugzeugangriff von einem Granatsplitter verletzt. Auf seinen Schultern trägt Paul den Freund zur Verbandstation, nicht ahnend, daß dieser seine tröstenden Worte schon nicht mehr hören kann. 
Tage, Wochen, Monate vergehen. Die Front ist ruhig. Zwischen den Stellungen zwitschern einige Vögel, und auf einem alten Stahlhelm hat sich ein Schmetterling niedergelassen. Hinter der Deckung liegend erblickt Paul das Tierchen. Vorsichtig streckt er seine Hand aus, um es zu berühren, als plötzlich ein Schuß losbricht.
Paul fiel im Oktober 1918, an einem Tag, der so ruhig und still war an der ganzen Front, daß der Heeresbericht sich nur auf den Satz beschränkte: „Im Westen nichts Neues".

Nach:
Becker, Jörg: Im Westen nichts Neues - Filmanalyse. In: Arnoldshainer Filmgespräche. Bd. 6: Kino und Krieg. Frankfurt/M. 1989, S. 74-78
Illustrierter Film-Kurier, Nr. 1501