Drehbericht:
| Spötterdämmerung.
Friedrich Hollaender im Gespräch mit Rainer Bertram. WDR 1972.
Friedrich Hollaender über
die Dreharbeiten zu Ich und die
Kaiserin, die von Ende Oktober 1932 (Beginn Atelierbau) bis Mitte Januar 1933
dauerten: „...
so galant ging es zu, zwei Monate vor der Errichtung des ersten Konzentrationslagers.
Sogar der Name des Regisseurs war - laut Vertrag - auf die Leinwand zu flimmern.
Die Arbeit
begann. Jede Szene wurde dreimal gedreht: deutsch, französisch, englisch.
War Rühmann mit einer Einstellung fertig, sprang Pierre Brasseur, frisch
und unverbraucht, in die angekreideten Stellungen. Hatte der, quirlig und schlank,
wie er damals war, seine Sätze französisch abgeschnurrt, kam Maurice
Evans dran, und jetzt war's ungeheuer britisch. Es ging wie's Taubenschießen.
Schwieriger
lag der Fall mit Conrad Veidt und seinem Doppelgänger Charles Boyer.
Wo jener, unbekümmert und von keines Gedankens Blässe angekränkelt,
einfach seinen alten Schwerenöter hinlegte, gab's beim französischen
Marquis stundenlange Unterbrechungen mit Geduldsspielen der Logik. Hier
war der 'denkende Schauspieler' par excellence. Mit stiller Zähigkeit
und unverrückbar, wie das astrologische Jungfrau-Zeichen von Natur
aus ist, hielt er lächelnd - Marquis von Kopf bis Fuß - an
dem leisesten Härchen einer Unstimmigkeit im Charakter des Darzustellenden
fest. Und blieb immer der Sieger. Wie 'die Jungfrauen' immer die sieger
bleiben, weil man keinen ganz so langen Atem hat wie sie. Ich liebe Charles
Boyer, aber der Satz mußte umgeschrieben werden. Die Situation:
Rühmann - Brasseur war umgekehrt. Rühmann war der Tüftler,
Brasseur der Unbekümmerte. Ich liebe Heinz
Rühmann. Gerade weil er es so ernst nimmt. Ich liebe Brasseur,
weil er es so leicht nimmt. Kenne sich einer aus mit mir.
Ich liebte
alle. Wir waren zu einer kosmopolitischen Familie zusammengewachsen. Lilian
Harvey, das reizende Geschöpf, das in allen drei Sprachen sein
Strumpfband verlor, war die kleine Ur-Mutter, die die Alliance zusammenhielt."
Aus: Friedrich Hollaender: Von Kopf
bis Fuß. Mein Leben mit Text und Musik. Hg. und kommentiert von Volker Kühn.
Bonn: Weidle 1996, S.246/47. |