Dorothy Arzner  
 
Dorothy Arzner

 

Biographie

Dorothy Arzner wird am 03.01.1900 als Tochter eines Restaurantbesitzers in San Francisco geboren. Ihr erstes Geld verdient sie im Restaurant ihres Vaters. Mit 17 fährt sie einen Ambulanzwagen durch den ersten Weltkrieg, beginnt danach ein Medizinstudium, das sie aber abbricht, als man ihr 1919 einen Job bei Famous Players Lasky als Stenotypistin anbietet. Dort herrscht Mangel an Arbeitskräften als Folge der großen Grippewelle. Sie steigt bis zur Filmcutterin auf und wird Leiterin der Schnittabteilung bei Realart Studio, einer Tochterfirma von Famous Players Lasky, die inzwischen Paramount heißt.
Ihre bekanntesten Arbeiten als Cutterin sind "Blood and Sand" (1922, unter der Regie von Fred Niblo), in dem sie Rudolpho Valentino und dokumentarisches Material von Stierkampfszenen zwischenschneidet, und "The Covered Wagon" (1924) von James Cruze. Für die letztgenannte Arbeit geht sie in die Filmgeschichte ein als einzige Cutter/in der Stummfilmzeit, an die man sich - neben der Russin Esfir Schub - erinnert . Zugleich beginnt sie Drehbücher zu schreiben.
Nach ihrer Arbeit an "Old Ironsides" (1926, Regie: James Cruze) bei dem sie sowohl als Cutterin tätig ist als auch am Drehbuch mitarbeitet, erhält sie ihre erste Chance, selbst Regie zu führen: "Fashions for Women" . Es folgen "Ten Modern Commandments", "Get your Man" (mit Clara Bow, alle drei 1927), und "Manhattan Cocktail" (1928).
Sie dreht Paramounts ersten Tonfilm, der 1929 ein glatter Erfolg wird: "The Wild Party", wieder mit Clara Bow. Dieser Film ist gleichzeitig ihr einziger, in dem es eine offenere "lesbische" Thematik gibt. Es geht um ein Mädchencollege, die Freundschaften, die dort entstehen, und um eine heterosexuelle Romanze, die die Eifersucht der Freundin hervor ruft.
Dorothy Arzner dreht insgesamt 17 Filme; warum sie 1943 (ihr letzter Spielfilm ist ein Anti-Nazi-Spionagefilm mit dem Titel "First Comes Courage") ihre Arbeit als Regisseurin aufgibt, scheint nicht ganz klar zu sein, wiewohl dieser letzte Film nicht an ihre Erfolge anknüpfen konnte.
Sie scheint aber auch nicht die landläufig zu erwartenden Probleme einer Frau in Hollywood gehabt zu haben, im Gegenteil, sie gilt, zumindest für Robert Wise, der an ihrer späten Ehrung durch die Directors Guild 1974 teilnimmt, als Vorreiterin einer unabhängigeren Regiearbeit in Hollywood. Allerdings entspricht auch ihr Auftreten nicht ganz dem von einer Frau erwarteten: immer trägt sie graue Anzüge oder Kleider, das Haar straff zurück gebunden.
Ihr Zusammenleben mit der Choreographin Marion Morgan, die 1940 die Choreographie zu dem Musical "Dance, Girl, Dance" übernimmt, gehört zu den offenen Geheimnissen Hollywoods. So beschäftigen sich auch ihre Filme oft mit den Rollen, die traditionell der Frau zugeschrieben werden. Bei einigen unter ihnen ist diese Thematik bereits im Titel festgelegt: "Sarah and Son", 1930 (Mutterrolle) "Nana" 1934 (Prostitution), "Craig's Wife" 1936 (Ehefrau), und "The Bride wore Red" 1937 (Braut). Filme, die nicht nur diese Rollen thematisieren, sondern auch ihre bisherige Darstellung auf der Leinwand problematisieren, da zugleich auch das Spektakel im Zentrum steht. Alle diese Filme enden mit einem Happy-End im Sinne der vorgeschriebenen Rollen von Frau und Mann, respektive der (Wieder-) Einreihung der Frau in diese Rolle. Arzner versteht, so Ginette Vincendeau, die "Weiblichkeit als Ort des Kampfes" . Dabei wird das Spektakel der Höhepunkt weiblicher Repräsentation (wie zB in "Nana", oder "The Bride wore Red"). In "Nana" gerät alles zum Rollenspiel, bis zum Selbstmord Nanas mit dem kleinen Revolver, wenn sie zwischen George und André Muffat stirbt. Ebenso das Spektakel der Weiblichkeit vor dem männlichen Blick in "Fashions for Women" oder "Dance, Girl, Dance", einer Erich Pommer Produktion.
Nichtsdestotrotz kann man Dorothy Arzner nur schwer als feministische Regisseurin im heutigen Sinne bezeichnen, sie war ein funktionierender Teil der Maschinerie Hollywoods, fähig, A-Filme zum Preis von B-Filmen zu drehen und das mit einigen der größten Stars ihrer Zeit: Claudette Colbert, Frederic March (den sie selbst zum Star macht, ebenso wie Rosalinde Russell mit "Craig's Wife"), Joan Crawford, Katherine Hepburn und andere.
Nach ihrem letzten Film entwickelt sie einen der ersten Lehrgänge für Regie, dreht Instruktionsfilme für den "Womens Army Corps" im zweiten Weltkrieg, in den 50er und 60er Jahren inszeniert sie über 50 WerbeTVSpots mit ihrer Freundin Joan Crawford in der Hauptrolle. Die letzten Jahre unterrichtet sie Film an der University of California in Los Angeles (UCLA).
Am 01.01.1979 stirbt sie in ihrem Haus in La Quinta an den Folgen eines Autounfalles.

 

Quellen:

  • Judith Mayne: Directed by Dorothy Arzner, Bloomington and Indiana, 1994.
  • Gwendolyn Aubrey Foster (Hg): Women Film Directors. An International Bio-Critical Dictionary. London 1995.
  • Close-Up, London April 1928 (Hollywood Notes), S. 54,55.
  • Hillstrom, Laurie Collier (Hg): International Dictionary of Films and Filmmakers Part 2, Detroit 1997.
  • Vincendeau, Ginette: Dorothy Arzner: La mise en scène du Féminin. In: Positif (Paris) Nr. 341-342, Juillet-Aout 1989 S.44 ff.
  • Beverly Houston: Missing in Action: Notes on Dorothy Arzner. In: Wide Angle (Athens,USA) Vol. 6, Nr.3, 1984. S.24 ff.
  • Brownlow, Kevin: The Parade's gone by...New York 1969.
  • Thomson, David: A Biographical Dictionary of Film. Third Edition, New York 1995.
bp