Kontinuierlich sammelte Karl
Wolffsohn auch die internationale Literatur, was ihn zur Gründung des ersten
deutschen filmwissenschaftlichen Archivs bewog, das am 30. Mai 1927 mit einem
Festakt der Öffentlichkeit übergeben wurde. Die Filmkultur zeigte ihr
Selbstbewußtsein als gleichwertiger Teilbereich der Kultur, indem Fachliteratur,
Kritiken, Filmprogramme, Drehbücher, Werkfotos, Starpostkarten, Plakate,
Noten, Kostümentwürfe, später auch die bewegten Bilder selbst aufbewahrt
und aufgearbeitet wurden wie Gegenstände der schönen Künste - und
damit eine Aufwertung erfuhren. | Diese
Tendenz zur systematischen Archivierung filmhistorisch interessanten Materials
zeichnete sich in den dreißiger Jahren europaweit ab; in England, Frankreich
und Italien wurden große, zentrale Filmarchive gegründet. Die Entstehung
zentraler nationaler Archive markierte zugleich den Übergang von einer grenzüberschreitenden,
universell verständlichen Sprache des Films hin zu ihrer nationalen Vereinnahmung
insbesondere im faschistischen Italien und im nationalsozialistischen Deutschland. | Im
rassistischen NS-Staat gehörte der jüdische Verleger Karl Wolffsohn
zu den Verfolgten; von August 1938 bis Februar 1939 wurde er von der Gestapo gefangengehalten,
bevor er über Paris und Marseille nach Palästina emigrieren konnte.
Sein Archiv beschlagnahmten die braunen Machthaber; Teile davon gingen in der
Ufa-Lehrschau auf. |