| Biographie | |||
Wilhelm
Dieterle wird als neuntes Kind des Fabrikarbeiters und Landwirts Jakob Dieterle
und seiner Frau Berta Dörr am 15. Juli 1893 in Ludwigshafen am Rhein
geboren. Nach Abschluß der Volksschule absolviert er eine Tischlerei-
und Glaserlehre. Er erhält Schauspielunterricht bei Paul Tietsch in
Mannheim. 1911 wird Dieterle an das Westfälische Städtebundtheater
in Arnsberg engagiert und tritt dort als Statist, Sänger und Tänzer
auf. 1912-17 hat er Engagements in Heilbronn, Plauen, Bad Dürkheim
und Mainz. Intendant dort ist der spätere Ufa-Regisseur Ludwig
Berger. 1917/18 arbeitet Dieterle, vom aktiven Heeresdienst freigestellt,
am Stadttheater Zürich. 1918/19 wird er an die Neue Freie Volksbühne
Berlin und danach ans Schauspielhaus München engagiert. Seinen Durchbruch
als Schauspieler erlebt er 1920-23 an Max
Reinhardts Deutschem Theater in Berlin. Die Arbeitsgemeinschaft mit
Reinhardt bleibt trotz Abstechern zu Leopold Jessners Staatstheater und
Karlheinz Martins Deutsches Künstlertheater über mehrere Jahre
auch bei Engagements außerhalb Berlins (Theater an der Josefstadt,
Wien und Salzburger Festspiele) bestehen. Ab 1920 arbeitet Dieterle parallel auch als Darsteller beim Film, so wirkt er 1921 u.a. in Ewald André Duponts „Die Geier-Wally" mit, den die Henny Porten-Film nach dem Bestseller von Wilhelmine von Hillern produziert. Er spielt ferner in Leopold Jessners „Die Hintertreppe" (1921) und Paul Lenis „Das Wachsfigurenkabinett" (1923), zwei expressionistischen Filmen, die jedoch Dieterles eigenen Stil nicht nachhaltig beeinflussen. 1923 führt er Regie bei „Der Mensch am Wege" (nach Lev Tolstoj). 1927 gründet er zusammen mit seiner Frau, der Drehbuchautorin Charlotte Hagenbruch eine eigene Produktionsfirma, die Charha-Film. 1928, nach dem von der Kritik als kitschig verrissenen Film „Die Heilige und ihr Narr", einer Adaption des Bestsellers von Agnes Günther, entsteht mit „Geschlecht in Fesseln" ein der zeitgenössischen Strafrechtsreform-Bewegung nahestehendes, engagiertes Melodram, das auch kommerziell erfolgreich ist. 1929 schließt Dieterle mit der Deutschen Universal einen Produktionsvertrag ab. Nachdem er mit der Ganghofer-Verfilmung „Das Schweigen im Walde" einen weiteren „Heimat"-Stoff ins Kino gebracht hat, folgt mit „Ludwig der Zweite, König von Bayern" sein erster biographisch zentrierter Spielfilm. Dieses Genre („biopic") wird zu seiner Spezialität werden. 1930 wandert Wilhelm Dieterle als Regisseur deutschsprachiger Versionen für die Warner-Tochter First National Pictures nach Kalifornien aus. 1933 erhält er bei Warner Bros. einen Sieben-jahres-vertrag und avanciert als „biopics"-Regisseur zum Prestige-Director. 1937 studiert er, nun amerikanischer Staatsbürger, im Auftrag der Warner Bros. die Produktionsmethoden der Lenfilm. 1939 ist Dieterle Mitbegründer und -financier der antifaschisti-schen Kulturzeitschrift „The Hollywood Tribune", die von E.A.Dupont geleitet wird, und Gründer des englischsprachigen Exiltheaters „The Continental Players", dessen Direktor L.Jessner wird. 1941/42, nach dem Bruch mit Warner, führt er die erfolglose William Dieterle Production Co. bei RKO. Von 1945 bis 1956 steht er bei MGM, David O.Selznick, Paramount („The Accused ", 1948) und Columbia unter Vertrag. 1958 kehrt Dieterle nach Deutschland zurück und inszeniert u.a. bei den Salzburger Festspielen, an den Stadttheatern Essen und Basel, an den Städtischen Bühnen Frankfurt, in Berlin, am Zürcher Schauspielhaus und am Deutschen Theater in München. 1960 dreht er mit Hans Söhnker, Berta Drews und dem jungen Götz George „Die Fastnachtsbeichte", nach einer Erzählung von Carl Zuckmayer. 1961-64 ist er Intendant des Freilichttheaters in Bad Hersfeld und arbeitet zunehmend auch für das deutsche und österreichische Fernsehen. 1964 entsteht mit „The Confession" (begonnen von Victor Stoloff) sein letzter Kinofilm. Die Hoffnung, in die USA zurückkehren zu können, zerschlägt sich. 1965 erwirbt Wilhelm Dieterle, bislang dessen Leiter, das Tourneetheater „Der grüne Wagen" in Taufkirchen bei München und führt es nach Charlotte Hagenbruchs Tod (1968) zusammen mit seiner zweiten Frau Elisabeth Daum weiter. Wilhelm Dieterle stirbt am 9. Dezember 1972 in Ottobrunn bei München. Nach: Wilhelm Dieterle - Schauspieler,
Regisseur. In: Cinegraph. Lexikon
zum deutschsprachigen Film. München: edition text & kritik
1977ff (mit ausführlicher Filmographie) | ||||
Literatur:
Hervé Dumont: William Dieterle. Antifascismo y compromiso romantico. San Sebastian/Madrid: Filmoteca Española 1994. |
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uvk | ||||