Die Bedeutung der Konzerne in der Filmindustrie

Es ist ein bekanntes Schlagwort, daß der Film von der Reklame lebt, Reklame aber ist Zeitung, Papier, ist Druck, Farbe und auch Kunstgewerbe. So könnte man viele Industrien nennen, die im Gefolge des Filmes größer werden und erstarken. Die Konkurrenz mit dem Auslande, die Eroberung des Weltmarktes mußte und muß noch heute vorbereitet werden. Wer aber waren die prädestinierten Führer in einem solchen Kampf? Nicht diejenigen, deren kleinliche Einzelinteressen einzig und allein auf den eigenen Geldsäckel gestellt waren, sondern jene, die schon in Vorkriegszeiten dauernde Fühlung mit der Filmindustrie, auch des Auslandes, hatten, die die Kenntnis des Weltmarktes beherrschten. Wie uns am Auslandsmarkt, so lag England, Frankreich, Italien und Amerika daran, den deutschen Lichtbildtheatermarkt wieder zu erobern. Weiß doch das Ausland noch aus der Zeit vor 1914, daß der gesamte mitteleuropäische Markt durch deutschen Geschmack, durch deutsche Programme bestimmt wird. Diese Zurückeroberung, diese Beeinflussung wäre dem Ausländer ein leichtes gewe-sen, mit einer souveränen Handbewegung hätte er bei einem ungeheuerlichen Tiefstand deutscher Valuta den wertvollsten deutschen Theaterbesitz an sich ge-rissen, wenn der Theaterbesitzer den Auslandsfilm abgeleht hätte. Wenn die deutschen Konzerne nicht wären. Aber nicht nur das, das Ausland wäre in der Lage gewesen, eine Preispolitik nach seinem Herzen zu treiben, die ihm die Tasche gefüllt hätte und uns noch ärmer gemacht hätte. Ohne die Massierung deutschen Kapitals würde das Ausland die deutsche gesamte Filmindustrie nach Willen regieren, wäre in der Lage, uns mit seinen Erzeugnissen zu überfluten und uns eine Konkurrenz unmöglich zu machen. Nur durch die weitausschauende Politik sind die deutschen Großfirmen heute in der Lage, in all diesen Fragen regulierend zu wirken und einen nicht zu unterschätzenden Druck auf das Ausland auszuüben, das, gegen die Vorkriegszeit einer völlig veränderten Situation gegenüberstehend, nun gezwungen ist, Rücksichten auf Deutschland zu nehmen, an die es ohne Bestehen der Konzerne niemals gedacht haben würde. Bestünde die deutsche Filmindustrie heute noch aus lauter kleineren Einzelfirmen, so würden England, Amerika, Frankreich und Italien vermöge ihres Trusts mit einer großzügigeren Handbewegung diese molekularen Einsprengungen im deutschen Witschaftsleben einfach fortwischen, bestenfalls die wertvolleren aufkaufen, in jedem Falle aber sie nur unter ihre Kontrolle zwingen. Daß es an Versuchen dazu selbst heute nicht fehlt, weiß jeder, der Fühlung mit der Industrie hat, zur Genüge.

in: Filmkurier, Nr. 204, 13.9.1920 (gekürzte Fassung), original erschienen in: Das Tagebuch, Nr. 35 (11.9.1929), Nachdruck in: Wolfgang JACOBSEN: Erich Pommer: ein Produzent macht Filmgeschichte. Mit einer Filmographie von Jörg Schöning. Berlin: Argon Verlag 1989.

 

 
  
  
  
  
  
  Laura Bezerra