| Biographie | |||
Nicholas
Kaufmann wird am 1. Dezember 1892 in Berlin geboren. Er ist schweizer Nationalität.
Nach dem Studium der Medizin und Naturwissenschaften praktiziert er an der
Berliner Charité. 1919, mit siebenundzwanzig Jahren wechselt er zur
neu gegründeten Kulturabteilung der Ufa. Sein Interesse gilt dort dem
medizinischen und naturwissenschaftlichen Film.
Zusammen mit den Arbeiten von Wilhelm Prager, Ulrich K.T. Schulz, Curt Oertel, Ulrich Kayser und Martin Rikli gelten Kaufmanns Filme als gattungs- und stilbildend für den „Kulturfilm" als einer spezifisch in Deutschland produzierten, nicht-fiktionalen Form. In den ersten Nachkriegsjahren sind die „Kulturfilme" der Ufa kurze, d.h. ein- bis zweiaktige „Informationsfilme", die als etwa 15-minütiges Beiprogramm vor dem regulären Hauptfilm im Kino gezeigt werden. „Informationsfilme", wie sie bei der Ufa heißen, decken das Spektrum von Forschungs-, Lehr- und Unterrichtsfilm ab. Keines dieser Subgenres kann für sich den Anspruch erheben, spezifische Formen ausgebildet zu haben; gemeinsam ist den Stummfilmen dieser Jahre der didaktische Anspruch, der Zeigegestus und ein spezifischer Rhythmus von Bildsequenzen und voranmontierten oder syntagmatisch nachgestellten, erklärenden Zwischentiteln. Ein binnendifferenzierendes Kriterium ist die Struktur der Distribution von „Informationsfilmen". Das Kino ist dabei einer unter vielen Schau-Plätzen, andere sind Hörsäle und Schulzimmer – Abspielorte, die die Kulturfilmer in den zwanziger Jahren besonders umwerben.. Kurz nach seinem Eintritt bei der Ufa dreht Nicholas Kaufmann den 4-aktigen Aufklärungsfilm „Die Geschlechtskrankheiten und ihre Folgen", der Ende Februar 1920, noch vor der Wiedereinführung der Zensur, ins Kino kommt. Er schildert in „überaus anschaulichen Bildern und ohne falsche Prüderie" (Der Kinematograph, 3.3.1920) die Entstehung von Gonorrhöe und Syphilis. Im Sinne der Abschreckung eingesetzte Aufnahmen von Patienten wechseln mit mikroskopischen Bildern der Erreger und Tricksequenzen zur Verbreitung der Erreger im Körper ab. Die Ufa setzt den Film mit ärztlichem Live-Vortrag in öffentlichen Sondervorstellungen in ihren Berliner Kinos ein. Außerdem wird er im Ruhrgebiet (u.a. in Essen) gespielt. Die Lokalzeitungen besprechen den Film, für den reduzierte Eintrittspreise gelten, positiv. Im März 1921 wird er nachzensiert, der Begleitvortrag wird nun obligatorisch, und Jugendlichen darf der Film nur unter „Geschlechtertrennung" in geschlossenen Veranstaltungen vorgeführt werden. Kaufmann
und seine Mitarbeiter modifizieren das Genre des „Informationsfilms"
in der ersten Hälfte der Zwanziger Jahre, indem sie die Produktion
thematisch und formal im Sinne einer breiten Volksbildung und Volksaufklärung
im und durch das Kino ausdifferenzieren. Nach einer Serie von Kurzfilmen
bemüht sich Nicholas Kaufmann als Produktionsleiter und Autor darum,
den Status des Kulturfilms als „Beiprogrammware", die am Unterhaltungsbedürfnis
des Publikums häufig genug vorbeigeht, zu überwinden und das
Genre mit zugkräftigen, verstärkt an soziale Ängste und
Tabus rührenden Themen publikumswirksamer zu machen. Nicht alle mittellangen
und abendfüllenden Filme, die unter Kaufmann Mitte bis Ende der Zwanziger
Jahre geschrieben und produziert werden, avancieren jedoch, wie der Körperkultur-Film
„Wege zu Kraft und Schönheit"
(1925, zusammen mit Wilhelm Prager),
zu internationalen Erfolgen. Kaufmanns Filme sind, wo sie sich mit dem
medizinischen, forensischen oder pädagogischen Blick dem Körper
widmen, Nacktheit abbilden oder inszenieren und – die Ufa steht unter
hohem Konkurrenzdruck - Sexualhygiene im Kino vermitteln wollen, mehrfach
zensiert worden. An „Wege zu
Kraft und Schönheit" provoziert allein die Darstellung nackter
Körper den Widerstand der Länder Bayern, Baden und Hessen, die
bestimmte Sequenzen aus den Antiken-Szenarien des Films wegen der „Verherrlichung
der Nacktkultur" als „entsittlichend" ansehen: die Oberprüfstelle
verordnet Schnittauflagen und weist den Länderantrag in allen anderen
Punkten ab. Nach
der Machtübernahme der Nationalsozialisten wird Kaufmann Leiter einer
eigenen Herstellungsgruppe bei der Ufa und übernimmt schließlich
1938 wieder die Gesamtleitung der Abteilung. 1944 verläßt er
Deutschland und siedelt in die Schweiz über. Im Tessin lebt er in
Nachbarschaft mit dem Schriftsteller Hermann Hesse und dreht einige Filme
für Schweizer Firmen. Nach 1949 kommt er regelmäßig nach
Deutschland zurück, läßt sich zunächst in Wiesbaden
nieder, später wieder in Berlin. In einem Interview 1953 formuliert
er sein persönliches Credo: „Besonders seit der Schaffung des Tonfilms
kam es beim Kulturfilm mehr und mehr darauf an, das betreffende Thema
möglichst liebenswürdig und interessant zu gestalten. Soweit
ein Begleittext nötig ist, muß er aufs Feinste ausgearbeitet
werden, nicht nur, was die Disposition, den inneren Aufbau und den auf
Steigerung bedachten Fortgang der Darstellung anbetrifft, sondern auch
in der sprachlichen Gestaltung und feuilletonistischen Auflockerung des
nun einmal nötigen Textes." (Interview in: Der Tag, Berlin,
5.2.1953) uvk Die Filme von Nicholas Kaufmann (als Autor und Regisseur)
|
||||
uvk | ||||